Es ist die erste Veranstaltung, die das Sportjahr
2013 für mich eröffnet. Und wie könnte es anders sein, ist bereits diese erste
Veranstaltung ein echter Knaller. Es ist eine Olymipische Disziplin, die neben
einer gewissen Fitness auch extrem viel mentale Stärke verlangt.
10 km schwimmen in einem 50m Becken ist wirklich nicht
ohne! 200 Bahnen in unter 4 h Stunden sind eine echte Hausnummer. Wie so oft
bei solchen Marathon- oder Ultraveranstaltungen, kann man die volle Distanz im
Training nicht wirklich erproben. Sprich, ein gehöriges Maß an Mut ist
erforderlich, sich auf eine Strecke zu begeben, ohne die Gewissheit zu haben,
anzukommen.
Genau so ging es mir gestern vor dem Start auch.
Klar, in einem Freiwasserschwimmen wäre es sicher noch schlimmer gewesen, denn
mitten im See kann man schließlich nicht einfach aussteigen. Hier hatte ich ja
alle 50m die Chance, stehen zu bleiben. Aber ich war schließlich nicht da, um
stehen zu bleiben und somit mit einem DNF (do not finish) in das Sportjahr 2013
zu starten.
Nach kurzem hin und her, der Verteilung der
Badekappen oder eben keiner, stellte sich raus, dass von den gemeldeten 10 km Schwimmern lediglich 3 anwesend waren. Ich war
begeistert, Podiumsplatz schon vor dem Start! Aber schnell überredete Jan einen
weiteren Starter, der eigentlich über 5 km gemeldet war, bei uns mit zu schwimmen. Nun waren
wir doch vier. Der erste Platz war klar vergeben. Der Kollege ist reiner
Schwimmer und spielt in seiner eigenen Liga.
Jan, sein Kollege und ich einigten uns auf ein
„Teamschwimmen“. Wir starteten hintereinander und wechselten alle 100m die
Führung. So ist das Ausnutzen vom Wasserschatten der anderen optimal und man kann
gut mit seinen Kräften haushalten. Das Prinzip ist das selbe, wie beim
Belgischen Kreisel, den man von Radrennen her kennt.
So schwammen wir los! Auf den ersten 2 km hatte ich mit diversen Problemen zu kämpfen. Die
Hose saß zu locker, die Brille lief voll Wasser und das Tempo variierte doch
sehr stark. Nach 2.400 m genehmigte ich mir das erste Gel und einen Schluck
Wasser. Weiter ging es. Durch den ständigen Wechsel in der Führung vergingen
die Bahnen recht schnell. Ohne weitere Probleme ging es weiter. 47., 48., 49.,
50. Hunderter und schon war Halbzeit. Doch was geschah dann?
Ich ging nun in die Führung und stellte fest,
keinen hinter mir zu haben. Auf dem Rückweg erkannte ich, dass Jan am
Beckenrand geblieben war. Ich hielt an und fragte, was los sei. Feierabend. Jan
stieg aus! Sein Kollege kam ebenfalls am Beckenrad an und äußerte seinen Wunsch,
nun etwas schneller Schwimmen zu wollen. Nun war unsere Allianz aufgekündigt
und jeder seines eigenen Glückes Schmied. Ich ließ ihn ziehen. Phelps-Junior
zog nach wie vor unbeirrt seine Bahnen und überrundete mich immer wieder!
Km 5,5 war erreicht und ich gönnte mir das nächste
Gel. Alles fühlte sich soweit noch gut an. Die Technik war auch noch in einen
relativ ordentlichen Zustand und die selbst mitgestoppten 500er Zeiten blieben
recht konstant.
Km 6, Jans Kollege schlug kurz vor mir an und eh
ich am Beckenrad war, sah ich nur noch seine Beine nach oben verschwinden. Er
war raus! Nun war ich zweiter! Im ersten Moment empfand ich recht viel Stolz,
als mir bewusst wurde, dass ich nun wirklich in einem Wettkampf mal soweit vorn
platziert sein würde. Diese Freude wich sehr schnell, als ich dann auch
feststellte, dass ich dennoch letzter bin und wohl einen ordentlichen Rückstand
auf Platz 1 haben werde, sollte ich ankommen.
Es war aber kein Platz für negative Gedanken und so
versuchte ich, mich einfach weiter auf das Zählen der Bahnen zu konzentrieren
und mit meiner Kraft hauszuhalten. Km 6,5 – km 7,8 zogen sich wie Kaugummi. Es
nahm einfach kein Ende. Und schon kam der nächste Schock. Phelps-Junior war
fertig. Er hatte mir glatte 2.200m abgenommen!
Ich hatte eine Bahn für mich. Wie oft ich mir diese
Bedingungen im Training gewünscht habe, so mehr verfluchte ich es jetzt. Km 8,
Zeit für das letzte Gel und den „Endspurt“. Das Schwimmbad wurde immer leerer
und ich bekam sogar ein schlechtes Gewissen, dass nun alle auf mich warten
mussten. Offizieller Zielschluss war gegen 20:00 Uhr, also 4h nach dem Start.
Davon war ich jedoch noch recht weit entfernt. Also blickte ich nach vorn
versuchte, mit allen Mitteln die Motivation aufrecht zu erhalten. Immer wieder
hielt ich mir vor Augen, dass ich einer von zweien war, die diese Distanz
überstanden haten! Und das half.
Km 8,5, die Schultern brannten, die Arme waren
unbeschreiblich lang, am Hals fühlte ich wunde Stellen (obwohl ich nicht mal
nen Neo trug) und unter den Armen bildeten sich ebenfalls wunde Stellen. Der
Nacken verspannte sich völlig und schmerzte bis in den Kopf hinein. Mein Körper
lief eindeutig inzwischen im Bereich des Fettstoffwechseln und mir wurde von
Bahn zu Bahn kälter!
Km 9, die Wenden wurden immer langsamer, die
Wasserlage immer schlechter. Der Lendenwirbelbereich schmerzte unheimlich, die
Muskulatur war am Ende. Jeder Zug kostete extreme Überwindung. Ich versuchte so
viel wie möglich zu gleiten. Km 9,2 kamen die ersten Adrenalin Schübe, denn nun
war klar, ich würde es packen!
Inzwischen war die Halle so gut wir komplett leer.
Jan und meine Freundin notierten eifrig meine Zeiten und sprachen mir bei km
9,5 letztmalig Mut zu!
Km 9,6. Der komplette Oberkörper brannte, das
Abstoßen nach dem Wenden konnte ich nur noch mit äußerster Vorsicht genießen,
denn sofort gab es Krämpfe in die Beinen, war der Stoß zu doll. Km 9,8, ich
blickte auf die Uhr: 3:26h. Schade dachte ich, mit der 3:29h wird das so nichts
mehr! Egal, du kommst als zweiter rein und hast diese Distanz gemeistert!
Km 9,9… km 10 ein letztes Mal begab ich mich auf
die 100 m.
Innerlich stellte ich mir diese Runde vor, wie die Ehrenrunde in einem Stadion.
Voller Stolz wendete ich das letzte Mal und begab mich auf den Rückweg.
Schmerzen waren nun keine mehr da. Seit km 9,2 fühlte ich nichts mehr! Weder
war mir kalt noch merkte ich die Müdigkeit! Unbeschreiblich!
Heute geht es mir erstaunlich gut. Klar hab ich
Muskelkater, aber nicht wirklich nennenswert mehr, als nach einem harten
Training! Aber trotzdem gönne ich mir heute sportlich eher einen ruhigen Tag
und genieße den Sonntag. Später wird es vielleicht noch einen kleinen Lauf
geben, das half in der Vergangenheit immer recht gut beim Regenerieren!
Einen schönen
Sonntag Euch!
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