Sonntag, 20. Januar 2013

Die Wechselzone



Gern spricht der Triathlet von der vierten Disziplin und meint damit den Wechsel zwischen Schwimmen – Radfahren – Laufen. Klar, gewinnen kann man hier sicher keinen Triathlon, aber verlieren schon eher und seine Bestzeit verdatteln alle mal. Aber wie kommt es? Ist es doch für einen Außenstehenden ganz einfach. Man geht vom Schwimmausstieg zu seinem Platz, nimmt das Rad und weiter geht’s. Später stell man das Rad dort wieder hin und läuft bis ist Ziel. Easy!

In der Realität, besonders aus Sicht eines Athleten, stellt es sich doch etwas anders dar. T1 – abgeleitet von Transition one, also dem ersten Wechsel zwischen zwei Disziplinen – stellt also den Wechsel vom Schwimmen zum Radfahren dar. T2 – Ableitung ist klar?! – ist der Wechsel vom Radfahren zum Laufen. Für die folgende Schilderung gehen wir mal von derselben Wechselzone aus (bei machen Triathlons sind es auch zwei) und nehmen als Wettkampf eine Mitteldistanz mit 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und 21,1 km Laufen.

Bereits vor dem Start beim „Check In“ lernt man seinen Wechselplatz kennen. Ratsam ist es, sich direkt Orientierungspunkte zu suchen und vor allem zu merken. Nun gilt es, sich hier auf begrenztem Platz einzurichten, und zu schauen, dass man alles Benötigte später griffbereit hat. Aber bereits hier beginnt der Spaß. Morgens ist es doch meist recht kühl, also werden dann noch zusätzliche Utensilien platziert. Ist man damit fertig geht es zum Schwimmstart.

Zwischen 30 und 40 Minuten ist man nun in der waagerechten Position gewesen. Meist etwas fröstelnd nähert man sich dem Ausstieg und versucht nun laufend, die Wechselzone zu erreichen. Hier ergeben sich nun für den Außenstehenden tolle Bilder: Viele torkeln – man könnte einen Pegel von gut 1,5 °% unterstellen – Richtung WZ. Besonders nette Veranstalter machen diese Zuwegung auch schön lang, damit das Entertainment des Publikums erhöht wird. In der WZ angekommen stellt man schnell fest: der gesuchte Orientierungspunkt war Mist. Denn den Baum, den man sich gemerkt hat, gibt es plötzlich mindestens 4 Mal. Auch das tolle Fahrrad des Nachbarn und das eigene gibt es plötzlich recht häufig. Plakate mit Werbung wiederholen sich natürlich ebenfalls. Also geht das lustige Suchen los. Aber Vorsicht ist geboten, denn, je nach Schwimmzeit, könnte es recht voll sein und man sollte unbedingt darauf achten, über keinen am Boden liegenden, mit seinem Neoprenanzug ringenden Athleten zu fallen.

Nun hat man endlich seinen Platz gefunden: Da packt einen als erstes der Ehrgeiz, seinen eigenen Neo im Stehen schnell auszuziehen. Das dauert dann gern mal etwas und endet schließlich doch im Boden-Nahkampf. Das nächste Highlight – man ist übrigens klitschnass – wird, wenn erforderlich, das Sockenanziehen. Nun noch rein in die Radschuhe, Helm auf den Kopf und den Verschluss schließen, Startnummer umbinden und das Rad zum Ausgang der WZ schieben. Das war T1. Nein, war es nicht. Der Weg mit dem Rad ist nicht zu unterschätzen. Meist hat man trotz minutenlangem Wechseln immer noch Gleichgewichtsprobleme und soll jetzt auch noch sein Rad schieben. Dazu kommt, dass es sich mit den Radschuhen auch hervorragend schlecht läuft. Allein das ist schon eine echte Herausforderung, auch wenn man nicht gerade aus dem Wasser kommt. Sitzt man dann auf dem Rad, ist die erste Wechsel-Disziplin absolviert.

Nach guten 2,5 Stunden auf dem Rad geht es zu T2 wieder in die WZ! Toll, kann ja nicht viel schlimmer werden, als die erste. Irrtum. Schon beim Absteigen gibt es die erste Katastrophe. Man hat sich inzwischen so an die Geschwindigkeit gewöhnt, dass man schmerzhaft feststellen muss, dass man bei 25 km/h eben nicht einfach von Rad springen und nebenherlaufen kann. Nun geht die Suche erneut los. Der Eingang in die WZ ist natürlich ein anderer als nach dem Schwimmen. Auch hier ein ähnliches Bild: die WZ wurde gefühlt komplett renoviert mit anderem Teppich versehen und sämtliche Gänge wurden vertauscht. Obendrein natürlich auch alle Plätze bunt neu gewürfelt. Auch hier ist wieder Achtung geboten, dass man sein Rad nicht dem Kollegen, der im Gang sitzt und die Schuhe schnürt an den Kopf haut, denn er trägt inzwischen keinen Helm mehr.

Am Platz angekommen stellt man dann fest, die Stange hängt deutlich tiefer als zuvor, sprich das Rad hält nicht – natürlich nur, wenn nicht der Nachbar sein Rad schon an meinem Platz hat. Wütend werden dann die begehrten 1.000 + Euro Räder hingeknallt, ohne Rücksicht auf Verluste. Ist das Rad endlich weg fliegt der Helm gleich hinterher, Startnummer nach vorn und dann raus aus den Radschuhen. Ähnlich wie beim Neo gilt es auch hier das Ganze im Stehen zu absolvieren. Wird in der Regel nicht klappen und schnell kommt beim nächsten Schritt die nächste Frage auf: „Was ist eigentlich aus den guten alten Klettverschlüssen geworden, die ich früher an meinen Ninja Turtle-Turnschuhen hatte??“. Ja, richtig. Eine Schleife binden wird zu einer gefühlten Promotion. Sind dann endlich die Schuhe zu, heißt es Ausgang suchen. Nur zur Erinnerung, wir befinden uns immer noch in einem Labyrinth, wo niemand den Ausgang kennt. Aber, mit Proviant in Form von Gels, begibt man sich rennend auf die Suche nach dem Ausgang. Endlich auf der Laufstrecke angekommen, kann man sich wieder seinem Hobby zuwenden und versuchen sein Tempo bis ins Ziel zu halten.

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